Der Gemeinsame Bundesausschuss G-BA hat in seiner Sitzung am 21. Juli 2022 die HKP-Richtlinie angepasst: Qualifizierte Pflegefachkräfte in der häuslichen Krankenpflege können künftig mehr Verantwortung tragen. Sie dürfen bei bestimmten medizinischen Maßnahmen eigenständig entscheiden, wie oft und wie lange diese eingesetzt werden sollen, wenn die ärztliche Verordnung dazu keine Vorgaben macht. Mit seinem Beschluss setzt der G-BA einen Auftrag aus dem Gesundheitsversorgungsweiterentwicklungsgesetz um.
Die aktuelle Entscheidung unterstreicht die Bedeutung höherer Qualifikation von Pflegekräften, die nun noch deutlicher gute Weiterbildung gemäß Vorgaben z.B. der Bundesrahmenempfehlung mit akademischen Standards und verlässlichem Lernerfolg voraussetzt.
In der HKP-Richtlinie ist künftig aufgeführt, welche Leistungen sich für eine eigenständige Entscheidung von qualifizierten Pflegefachkräften im Hinblick auf Dauer und Häufigkeit eignen: hierzu gehören beispielsweise Maßnahmen bei der Stomabehandlung oder bei der Versorgung von akuten Wunden. Die Richtlinie listet Orientierungswerte für die Häufigkeit und Dauer von Maßnahmen bezogen auf den Regelfall auf. Bisher konnten nur die verordnenden Ärztinnen und Ärzte abweichen, soweit das im Einzelfall notwendig ist, und nunmehr ggf. auch Pflegefachkräfte. Der regelmäßige Austausch zwischen Pflegefachkräften und den verordnenden Ärztinnen und Ärzten, den die Richtlinie bisher schon vorsah, soll nun intensiviert werden und insbesondere bei Leistungen mit erweiterter Pflegeverantwortung der Pflegefachkraft regelmäßig erfolgen. Das grundsätzliche Verfahren bei der häuslichen Krankenpflege-Verordnung durch niedergelassene Ärztinnen und Ärzte sowie die Genehmigung durch die Krankenkasse ist von den neuen Befugnissen für Pflegefachkräfte nicht betroffen. Allerdings werden die Krankenkassen den Pflegedienst als möglichen Adressaten zukünftig in den Austausch zum Genehmigungsverfahren einbinden.
Über welche Qualifikationen Pflegefachkräfte für diese neue Kompetenzerweiterung genau verfügen sollen, werden künftig entsprechende Rahmenempfehlungen vorgeben. Es bleibt zu hoffen, dass in diese Beratungen dann auch Wissenschaft und Bildungsträger einbezogen werden, denn die Entwicklung zeigt deutlich die große Bedeutung kompetenter und verlässlicher Aus- und Weiterbildung im ansonsten wenig geordneten Bereich der Außerklinischen Intensivpflege.
Weiterbildung für ein professionelles Verständnis einer echten Fachpflege bedarf mit der nun beschlossenen Kompetenzerweiterung nun erst recht der akademischen Orientierung an aktuellen gesetzlichen, pflegefachlichen und medizinischen, psychologischen und weiteren professionellen Erkenntnissen. Diese Qualifizierung erfüllen einfache Pflichterfüllungskurse nicht, sondern dies vermögen nachhaltig nur wissenschaftlich-didaktisch kompetenzorientiert entwickelte Lehrgänge gemäß der gültigen Bundesrahmenempfehlung – das Erklärvideo zur Bundesrahmenempfehlung HKP gibt dazu eine Orientierung: Video Zertifizierung gemäß Bundesrahmenempfehlung.
Da bei der aktuellen Entscheidung eine Überarbeitung der Bundesrahmenempfehlung noch nicht vorlag, ist der G-BA von der aktuellen Fassung als Mindestvoraussetzung für die Versorgung ausgegangen: Die fachlichen Anforderungen für die beschriebene eigenständige Tätigkeit sind nur erfüllt, wenn die Pflegefachkräfte eine mindestens 3-jährige Ausbildung vorweisen und einschlägige Berufserfahrung sowie bei beatmeten Patienten die Weiterbildung für außerklinische Beatmung (Basiskurs oder Experte) gemäß Bundesrahmenempfehlung besitzen.
Sofern das Bundesministerium für Gesundheit keine rechtlichen Einwände hat, werden die Änderungen an der Richtlinie zur häuslichen Krankenpflege im Bundesanzeiger veröffentlicht. Sie treten am Tag nach der Veröffentlichung in Kraft.